Der Rundfunkrat und der Verwaltungsrat des Hessischen Rundfunks (hr) haben sich in den heutigen Gremiensitzungen ausführlich mit dem Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesfinanzministerium zu den Aufgaben und der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks befasst.

Rundfunkrat und Verwaltungsrat kritisieren in einem einstimmigen Beschluss, dass ein Gremium, das für Rundfunkfragen unstreitig nicht zuständig ist, ein Papier veröffentlicht hat, das längst überholte ökonomische Positionen wieder aufleben lasse und Auffassungen vertrete, die sich weder ökonomisch noch rechtlich halten ließen.

Das Ignorieren der kontinuierlichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur dualen Rundfunkordnung in Deutschland und speziell zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk durch die Autoren sei nicht nur eine indiskutable Ohrfeige für das höchste deutsche Gericht, sondern zeige auch, dass der Beirat sich mit der Entwicklung der Rundfunkordnung in den letzten 25 Jahren in keiner Weise ernsthaft auseinandergesetzt habe.

Der Beirat verkenne in erschreckender Weise die Marktmechanismen im Medienbereich und ignoriere das kontinuierliche Zeitungssterben in Deutschland ebenso wie die Pressekonzentration. Offensichtlich habe er sich nicht in angemessener Form mit dem Gesamtangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks befasst und dieses auch nicht einer objektiven Bewertung unterzogen.

Es sei unbegreiflich, dass der Beirat sich in keinster Weise mit der Funktion des Rundfunks als Medium und Faktor des verfassungsrechtlich geschützten Prozesses, in dem sich die Meinungsbildung vollzieht, befasse. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk dürfe nicht zum Nischenrundfunk verkommen, sondern habe ein Gesamtprogrammangebot in allen Genres zur Verfügung zu stellen. Auch der Vorschlag, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus Steuern zu finanzieren, mache deutlich, wie wenig sich der Beirat mit den rechtlichen und verfassungsrechtlichen Fakten befasst habe.

Die Gremien des Hessischen Rundfunks halten die im Gutachten als Fazit vorgeschlagenen "Leitlinien für eine Reform" für völlig untauglich. Diese stellten vor allem aus verfassungsrechtlichen Gründen keine Alternative zum derzeitigen dualen Rundfunksystem dar. Angesichts der vielfachen Defizite des Papiers könne es auch nicht den Anspruch erheben, wissenschaftlich zu sein.

Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzministerium hatte ein Gutachten zum Thema "Öffentlich-rechtliche Medien - Aufgabe und Finanzierung" erarbeitet. Dessen Kernaussagen wurden am 24. Dezember 2014 durch einen Bericht in der "Bild-Zeitung" bekannt. Das Gutachten selbst wurde am 15. Dezember 2014 auf der Internetseite des Beirats veröffentlicht.

Das Gremium wurde 1949 gegründet und berät den Bundesfinanzminister in finanzpolitischen Fragen. Der Beirat vertritt in seinem Gutachten die Meinung, dass sich die Bedingungen für das Informationsmedium Rundfunk aufgrund der technischen Entwicklungen geändert hätten. Er empfiehlt, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nur da auftreten solle, wo das privat-wirtschaftliche Angebot klare Defizite aufweise. Das Bundesfinanzministerium hatte allerdings keinen Auftrag für dieses Gutachten erteilt. Vielmehr hatte sich der Beirat aus eigenem Antrieb mit der Thematik befasst.

Geschäftsstelle des Rundfunk- und Verwaltungsrats
des Hessischen Rundfunks